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Solarpotenzial auf Infrastrukturen nutzen

Neben konventionellen Dach- und Fassadenflächen verfügen viele Gemeinden auch über öffentliche Infrastrukturen mit bislang ungenutztem Potenzial für die Solarenergie. Parkplätze, Schallschutzwände, Kläranlagen oder Deponien können gezielt in die kommunalen Ausbauziele integriert werden.

Einleitung

Grosse Dach- und Fassadenflächen auf gemeindeeigenen Gebäuden wie Schulhäusern, Sportanlagen oder Altersheimen sind die naheliegendsten Potenziale, die in einem ersten Schritt für den Bau von Solaranlagen genutzt werden sollten. Darüber hinaus liegen in vielen Gemeinden aber auch Infrastrukturen wie Abwasserreinigungsanlagen, Lärmschutzwände, grössere Parkplätze oder stillgelegte Deponien, die zur Stromerzeugung genutzt werden können. Aktuelle Schätzungen beziffern das Potenzial auf diesen Bauten mit 9 bis 11 TWh Stromproduktion pro Jahr. 

Grafik: Solarpotenzial auf Infrastrukturen nutzen

Grafik: Solarpotenzial auf Infrastrukturen nutzen

Vorteile für Gemeinden

  • Unabhängige und stabile Stromkosten für den Eigenverbrauch in kommunalen Infrastrukturen und damit verbundenen Dienstleistungen.
  • Mittelfristig zusätzliche Einnahmen durch Einspeisevergütung der eigenen Anlagen oder Einnahmen aus der Dachflächenvermietung für Solaranlagen.
  • Die lokale Bevölkerung kann bei grossen Infrastruktur-PV-Anlagen über Lokale Elektrizitätsgemeinschaften (LEGs) mit lokal produziertem Strom versorgt werden.
  • Direkter Beitrag an die kommunale CO2-Bilanz durch Einsparung von Emissionen.
  • Vorbildfunktion wahrnehmen und Bürger:innen für Klimaschutz und erneuerbare Energien begeistern.
  • Errichtung und Betrieb der Photovoltaik-Anlagen bringt Wertschöpfung und Beschäftigung in die Gemeinde.
  • Standort-Attraktivität der Gemeinde steigern durch nachhaltige Energiekonzepte und Versorgungssicherheit.

Was können Gemeinden tun

Gleich wie beim Bau von Solaranlagen auf gemeindeeigenen Gebäuden (siehe Solarpotenzial der kommunalen Bauten nutzen) sollten bei der Nutzung von Infrastrukturen folgende Schritte durchlaufen werden: 

Zielsetzung festlegen

Eine separate Zielsetzung für Infrastrukturen zur installierenden Leistung (in kW), prozentualer Anteil der Eigenproduktion am Stromverbrauch, oder ein Investitionsvolumen bietet sich kaum an. Idealerweise wird diese mit der Zielsetzung zu konventionellen Dächern und Fassaden kombiniert.

Bestandesaufnahme Infrastrukturen

Infrastrukturen sind teilweise nicht im Solardachkataster erfasst und lassen deshalb keine einfache Abschätzung der Eignung zu. Meistens muss eine Bestandesaufnahme durch einen externen Dienstleister durchgeführt werden. Dabei sollten folgende Infrastrukturen und Fragestellungen im Zentrum stehen:

  • Abwasserreinigungsanlagen (ARA): In ARAs sind PV-Anlagen meist einfach zu realisieren, weil bereits ausreichende Netzanschlusskapazitäten verfügbar sind, die Fundamentierung auf den bereits vorhandenen Beckenstrukturen möglich ist, und der hohe Stromverbrauch vor Ort zu einem relevanten Eigenverbrauchsanteil führt. Erfahrungen zeigen zudem, dass die Baubewilligung von PV-Anlagen über Klärbecken kein Problem darstellt und auch ein reibungsloser und störungsfreier Betrieb der ARA weiterhin möglich ist. In der Schweiz gibt es bereits zahlreiche Beispiel solcher Anlagen.
  • Strassen-Infrastrukturen: In der Schweiz besteht ein bedeutendes Potenzial für die Nutzung von Solarenergie auf Lärmschutzwänden, Brücken oder Stützmauern. Das Astra schätzt das Potenzial der Lärmschutzwände entlang seiner Verkehrswege auf über 100 GWh pro Jahr. Davon entfallen etwa 55 GWh auf die Nationalstrassen, diese werden aber oft für die kommunale Nutzung zur Verfügung gestellt. Die Realisierung von Projekten gestaltet sich allerdings nicht immer einfach, da diverse Herausforderungen an die Verkehrssicherheit (z.B. Blendwirkung, Sichteinschränkung) beachtet werden müssen. Inzwischen sind aber zahlreiche Projekt umgesetzt oder in Planung. Auch die Überdachung von Strassenabschnitten zur Installation von PV-Modulen ist eine mögliche Option, insbesondere wenn diese für Lärmschutzzwecken bereits vorgesehen ist. Falls für PV-Anlagen eigene Stützkonstruktionen erstellt werden müssen, sind die Anlagekosten in der Regel mit deutlich höheren Kosten verbunden. 
  • Parkflächen: Eine Studie im Auftrag von EnergieSchweiz kam 2022 zum Schluss, dass in der Schweiz auf Parkflächen ein theoretisches Photovoltaik-Potenzial von 6-10 GW existiert. Die Nutzung bietet viele Vorteile: Die Fahrzeuge sind durch die Überdachung geschützt und Ladestationen für die Elektromobilität können im Sinne einer Doppelnutzung direkt in die Struktur integriert werden. Herausforderungen können der Verlust einzelner Fahrzeugstellplätze, die erschwerte Schneeräumung im Winter und die verminderte Manövrierfreiheit der Fahrzeuge sein. Zudem stehen eher hohen Gestehungskosten auf Parkplätzen (beeinflusst durch Kosten für die Tragkonstruktion, plus Erschliessungskosten) oftmals keinem oder einem geringen Eigenverbrauch gegenüber. Die Installation von Ladestationen für Elektroautos kann hier allenfalls Abhilfe schaffen. Vor einer eingehenden Planung ist zu klären, ob die Parkflächen zeitweise für andere Zwecke wie Jahrmärkte usw. genutzt werden, oder mittelfristig Überbauungspläne oder Umnutzungen vorgesehen sind. 
    • Anlagen auf bestehenden Carports und neue Anlagen unterliegen den gängigen Melde- und Genehmigungsverfahren.
    • Mit dem neuen Stromgesetz ist seit 2025 zudem ein «Parkflächenbonus» im nationalen Förderprogramm (Pronovo) verfügbar. Er beträgt 250 CHF pro installiertem kW und gilt für Anlagen mit einer Leistung von mindestens 100 kW. 
    • Ab 2026 soll ein vereinfachtes Meldeverfahren auf Bundesebene für solche Anlagen in Kraft treten. 
    • Siehe dazu auch Website von energieschweiz: Solarmodule schützen Fahrzeuge
  • Deponien / ehemalige Steinbrüche: Die Nutzung von stillgelegten Deponien für die Produktion von Solarstrom hat den Vorteil, dass die Flächen versiegelt sind und für eine andere Nutzungen über einen längeren Zeitraum kaum mehr geeignet sind. In der Schweiz ist die Installation von Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) auf Deponien grundsätzlich möglich, unterliegen allerdings spezifischen gesetzlichen Regelungen und erfordern ein individuelles Bewilligungsverfahren. Die rechtlichen Grundlagen für solche Vorhaben sind im Umweltschutzgesetz (USG) festgelegt. Eine Nutzung gesicherter Deponie-Altlasten zur Energieerzeugung durch Photovoltaikanlagen ist sinnvoll, weil sie das Deponiesicherungssystem wenig beansprucht (Link). Auch die Umnutzung von stillgelegten Steinbrüchen ist möglich, wie das Projekt in Calinis in Felsberg GR demonstriert (siehe unten). Grundsätzlich haben Freiflächenanlagen auf bereits stark vom Menschen veränderten Flächen wie Deponien oder Steinbrüchen in der Regel eine hohe Akzeptanz. Allerdings kann die nötige Zonenplanänderung im regionalen Richtplan zeitintensiv s.
  • Anderweitig nicht nutzbare Flächen, Reserveflächen: Bei Hochspannungsanlagen wie Trafostationen oder Umspannwerke gelten oft gesetzlich vorgeschriebene Abstands- oder Sicherheitszonen. Diese Flächen dürfen oft nicht bebaut oder nur extensiv genutzt werden, und können darum für Freiflächen-PV genutzt werden. Zudem bestehen in der Umgebung von Industriegebieten teilweise auch nicht anders nutzbare Restflächen oder Reservezonen, die erst später überbaut werden sollen.Hier können PV-Anlagen als Zwischennutzung in Frage kommen, falls die Reservezonen rund 25 Jahre frei bleiben.
  • Agri-PV: Die Diskussionen zur Nutzung von PV auf Freiflächen stehen in der Schweiz noch am Anfang. Gemäss Bundesgesetz über die Raumplanung sind Solaranlagen in der Landwirtschaftszone nur zulässig, wenn sie neben der Stromproduktion die landwirtschaftlichen Interessen nicht beeinträchtigen und Vorteile für die landwirtschaftliche Produktion bewirken, oder wenn sie landwirtschaftlichen Versuchs- und Forschungszwecken dienen. Sonstige freistehende Solaranlagen sind ausserhalb der Bauzone nicht zulässig, weil sie das Kriterium der Standortgebundenheit nicht erfüllen. Eine Ausnahme bilden Anlagen im Rahmen des «Solarexpress» (Art. 71a EnG) im alpinen Raum mit hoher Winterproduktion.
    • Gemäss landwirtschaftlichem Verordnungspaket 2023 zählen Flächen mit bewilligungsfähigen Solaranlagen gemäss Raumplanungsverordnung neu zur landwirtschaftlichen Nutzfläche und sind somit zukünftig direktzahlungsberechtigt.
    • Zu beachten sind die Herausforderungen, dass die Netzanschlusskosten, die oftmals aufwändige Fundamentierung sowie die Erstellung einer Tragkonstruktion für die PV-Anlage wesentlich zu verhältnismässig hohen Stromgestehungskosten beitragen.

Die anschliessenden Arbeitsschritte zur Priorisierung von möglichen PV-Projekte, dem Einholen und Bewerten von Offerten, der Erarbeitung eines kommunalen Rahmenkredites, der Finanzierung und Portfolioverwaltung werden im Kapitel Solarpotenzial der kommunalen Bauten nutzen im Detail vorgestellt. 

Gute Beispiele Straßen-Infrastrukturen

Zumikon (ZH): Lärmschutzwand Leugrueb

Entlang der Forchstrasse in Zumikon wurde eine 300 Meter lange Lärmschutzwand mit 342 PV-Modulen ausgestattet. Dieses Projekt zeigt, wie Lärmschutzwänden neben dem Schallschutz auch für die Solarstromerzeugung eingesetzt werden können: Weitere Informationen 

Wangen-Brüttisellen (ZH) Schallschutzwände

An der Autobahn A15 bei Wangen-Brüttisellen soll eine PV-Anlagen an Lärmschutzwänden installiert werden. Die Gemeinde hat das entsprechende Baugesuch bewilligt. Das Bundesamt für Strassen (Astra) stellt die Flächen der Lärmschutzwände kostenlos zur Verfügung, um die Nutzung für Solarstromprojekte zu fördern. Die Finanzierung und der Betrieb der Solaranlagen erfolgt in diesem Fall zwar durch ein privates Unternehmen, die Gemeinde hat aber die Initiierung und rasche Bewilligung unterstützt. 

Oensingen (SO)

In Oensingen prüft eine Arbeitsgruppe aus Gemeindemitgliedern mit dem Bundesamt für Strassen (Astra) die Machbarkeit einer Installation von Solarpanels an den Lärmschutzwänden entlang der Autobahn A1. Die Bürgergemeinde Oensingen hat Interesse bekundet, sich finanziell am Projekt zu beteiligen.

Stansstad (NW)
Autobahnüberdachung Stansstad (c) Plan-E AG

Auf einer 8900 m2 grossen Autobahnüberdachung zu Lärmschutzzwecken konnte 2017 eine PV-Anlage mit 841 kW Leistung installiert werden. Die Standortgemeinde trieb die Realisierung einer PV-Anlage voran, worauf das Bundesamt für Strassen (ASTRA) als Grundeigentümerin über eine Ausschreibung einen privaten Investor für die PV-Anlagen identifizierte und den Bau freigab. 

Gute Beispiele Stillgelegte Deponien / Steinbrüche

Schaan (FL)

Die Gemeinde Schaan plant, den Kleinanlieferungsplatz der Deponie Ställa/Forst mit einer faltbaren PV-Anlage zu überdachen. Somit würde dort die leistungsstärkste Anlage der Gemeinde entstehen: Leistungsstärkste PV-Anlage der Gemeinde entsteht auf der Deponie Ställa/Forst :: Gemeinde Schaan

Liesberg (BL)

Die Basler Energieversorgerin IWB will auf der ehemaligen Deponie «Hinterm Chestel» in Liesberg eine Photovoltaikanlage installieren. Die Deponiebetreiberin KELSAG, stellt bis zu 50 Jahre lang die Fläche zur Verfügung. Die beiden Partner leisten damit einen Beitrag zur einheimischen erneuerbaren Stromproduktion. PV-Module auf der ehemaligen Kehrichtdeponie

Felsberg (GR)
 (c) Rhiienergie AG

Anlässlich eines Gestaltungswettbewerbes für die Umnutzung des stillgelegten Steinbruchs Calinis in Felsberg ist die Idee entstanden, darf eine PV-Anlage zu installierten. Trotz dem erschwerten Zugang und dem erheblichen Aufwand zur Schüttung der Böschung konnten auf der Fläche eines Fussballfeldes 2020 schliesslich 3'720 Module mit 1.5 MWp Leistung installiert werden.Weitere Informationen

Gute Beispiele Kehrichtverbrennungsanlage

Zuchwil (SO)

Zentralisierte Infrastrukturen bieten sich sehr gut für die Nutzung der Solarenergie an. Die KEBAG AG in Zuchwil, welche im Besitz von 131 angeschlossenen Gemeinden ist, hat kürzlich die grösste PV-Fassadenanlage der Schweiz ans Netz angeschlossen. Knapp 3000 Solarmodule produzieren dort auf einer Fassadenfläche von 5'374 m2 erneuerbaren Strom.

Gute Beispiele Abwasserreingungsanlagen

Oetwil (ZH)
(c) Kläranlage Esslingen Zweckverband ARA Egg – Oetwil am See

Auf der Oetwiler Kläranlage produzieren rund 400 Solarpanels künftig jährlich rund 128 MWh Strom. Die Gesamtkosten für den Bau der Solaranlage mit einem Solarfaltdach belaufen sich auf rund 400’000 Franken und sind im Vergleich zu einer fixen Überdachung deutlich kostengünstiger. Die Stromkosten von jährlich etwa 60’000 Franken verringern sich dadurch um einiges. Zudem reduziert die Beschattung der Becken im Sommer die Algenbildung und optimiert so den Klärungsprozess (Link)

Zuchwil (SO)

Mit dem neuen Solardach kann der Zweckverband der Abwasserregion Solothurn-Emme sechs Prozent des Stromverbrauchs seiner Abwasserreinigungsanlage decken. Dank des Faltmechanismus kann das Dach bei Revisionsarbeiten oder wetterbedingt zum Schutz der Anlage bei Sturm, Hagel und Schnee eingefahren werden. (Link)

Gute Beispiele Parkflächen

Zuchwil (SO)

Die Gemeinde Zuchwil hat beschlossen den Parkplatz des Sportzentrums zu sanieren und mit einer Photovoltaikanlage zu überdachen. Die geplante Anlage soll auf einer Fläche von 6'500 Quadratmetern ungefähr 5 % des gesamten Strombedarfs der Gemeinde liefern. Solothurner Zeitung

Jakobsbad (AI)
 (c) Kronberg AG

Bei der Seilbahn Jakobsbad-Kronberg wurde ein Parkplatz für 150 Autos mit 1'320 Solarpanels überdacht. Die Anlage produziert jährlich etwa 350‘000 KWh Solarstrom und versorgt zudem zwei Ladestation für Elektroautos. (link)

Courgenay (JU)

In Courgenay wurde der grösste Solarcarport der Schweiz realisiert. Mehrere tausend Fahrzeuge des Automobilunternehmens Gefco sind hier mit 23'000 Solarpanels überdacht. Die Anlage produziert jährlich etwa 6,7 GWh Strom, was den Energiebedarf von ungefähr 1'550 Haushalten decken könnte. Sonnenseite

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