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Verbrauchsgemeinschaften aufbauen: ZEV, vZEV und LEG

Viele Gebäude nutzen nur einen geringen Anteil des selbst erzeugten Solarstroms direkt. Verbrauchsgemeinschaften ermöglichen es, lokal produzierten Strom gemeinschaftlich zu nutzen. Dadurch steigt die Wirtschaftlichkeit, die Verteilnetze werden entlastet, und mehr Menschen können an der Energiewende teilhaben.

Einleitung

Einfamilien- und Mehrfamilienhäuser oder Unternehmen mit einem erheblichen Stromverbrauch im Winter, in Randstunden oder nachts haben oft einen Eigenverbrauchsanteil des selber produzierten Stroms unter 20 %. Dies trifft meist auch auf grosse gemeindeeigene Gebäude wie Turnhallen oder Werkhöfe zu. Die Rentabilität solcher Anlagen und der Anreiz für private Investitionen bleibt deshalb klein. Neben Strategien zur Erhöhung des Eigenverbrauchs durch Wärmepumpen, Elektromobilität oder Heimbatterien bestehen neu zahlreiche Möglichkeiten zur Schaffung von Verbrauchsgemeinschaften:

  • Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (ZEV). Zusammenschluss aller Wohnungen/Gebäuden (z.B. MFH, STWEG) und Parteien hinter demselben Netzanschlusspunkt. Der lokal produzierte Strom kann dabei allen Mieter:innen und anderen Eigentümer:innen verkaufen werden. Die ZEV-BetreiberInnen müssen dazu eine private Messinfrastruktur aufbauen.
  • Virtueller ZEV (vZEV): Der lokal produzierte Strom kann auch benachbarten Gebäuden zur Verfügung gestellt werden. Alle Gebäude am gleichen Verknüpfungspunkt (gleiche Verteilkabine, Sammelschiene oder Trafostation) können sich zusammenschliessen. Der lokal produzierte Strom kann dabei einseitig verkauft oder gegenseitig ausgetauscht werden. Die bestehenden Smart Meter können weiterverwendet werden.
  • Lokalen Elektrizitätsgemeinschaften (LEG): Ab 2026 sind auch lokale Zusammenschlüsse über das Netz des Verteilnetzbetreibers im gesamten Gemeindegebiet möglich. Dabei können Stromproduzent:innen und Konsument:innen in verschiedenen Konstellationen Strom handeln. Für die Nutzung des öffentlichen Stromnetzes wird ein reduzierter Tarif verrechnet. 

Durch diese Instrumente können Personen ohne eigene PV-Anlage in Nutzergemeinschaften eingeschlossen werden. Der Solarstrom wird innerhalb der Gemeinschaft verteilt und nach Verbrauch und vereinbarten Tarifen verrechnet.

Grafik: Verbrauchsgemeinschaften Solarenergie

Grafik: Verbrauchsgemeinschaften Solarenergie

Vorteile für die Gemeinde

  • Je mehr Strom aus der gemeindeeigenen Anlage direkt vor Ort in Verbrauchsgemeinschaften genutzt wird, desto schneller ist die Solaranlage amortisiert.
  • Einwohner:innen und Unternehmen, die an Verbrauchsgemeinschaften beteiligt sind, profitieren vom günstigem PV-Strom und somit tieferen Strompreisen. Sie sind vor Schwankungen am Strommarkt geschützt. 
  • Durch lokalen Verbrauch innerhalb von bestehenden Trafokreisen reduziert sich der Bedarf und somit die Kosten für den Netzausbau durch den lokalen Verteilnetzbetreiber.
  • Es besteht ein Anreiz für die Nutzung ganzer Dächer (Vollausbau). Das sieht gut aus, und die Mehrkosten gegenüber einer Teilbelegung sind gering. 

Was können Gemeinden tun?

  • Gemeinden können für ihre eigenen bestehenden oder geplanten Solar-Anlagen prüfen, ob ein ZEV, vZEV oder LEG deren Wirtschaftlichkeit verbessert. Zudem kann die Gemeinde auch als Konsumentin in Zusammenschlüssen mit grösseren Anlagen auf dem Gemeindegebiet profitieren.
    • Die VNB sind verpflichtet auf Anfrage zu informieren, welche Gebäude in einen vZEV zusammengeschlossen werden können. Einige VNB haben sich im www.leghub.ch zusammengeschlossen, wo zentralisierte Abfragen möglich sind.
    • Die CKW hab einen ZEV-Rechner lanciert: ZEV-Rechner
  • Gemeinden können zum Erfolg solcher Verbrauchsgemeinschaften beitragen, indem sie Akteure zusammenbringen. Also beispielsweise Besitzer grosser Dächer mit geringem Eigenverbrauch (z.B. landwirtschaftliche Bauten) mit grossen Verbrauchern (z.B. Gewerbebetriebe, Mehrfamilienhäuser).
  • Gemeinden können den eigene Energieversorger dazu auffordern, Angebote zur Entwicklung, Gründung und zum Betrieb von ZEVs, vZEVs oder LEGs zu entwickeln. Oder sie können die Bevölkerung auf bestehende Angebote aufmerksam machen. Eine Übersicht über die Angebote in Bereich ZEVs finden Sie hier.

Weiterführende Informationen

Auf der Website www.lokalerstrom.ch finden Sie zu den verschiedenen Modellen von Verbrauchsgemeinschaften detaillierte und vergleichende Informationen zu folgenden Themen:

  • Mögliche geographische Ausdehnung der Verbrauchsgemeinschaft (in Abhängigkeit der Netztopologie).
  • Vorgaben zu den Tarifen für die interne Vermarkung und den Netzstrom.
  • Technische Anforderungen und Möglichkeiten für die Messung der Verbrauchsdaten für die interne Abrechnung.
  • Möglichkeiten zum Bezug von Echtzeitdaten für die Steuerung und Optimierung des Eigenverbrauchs durch einen Smart Meter Reader.
  • Informationen zu den Initialkosten und Betriebskosten von ZEVs, vZEVs oder LEGs.
  • Sämtliche Gesetzlichen Grundlagen aus dem Energiegesetzt und dem Stromversorgungs­verordnung (StromVV).
  • Verschiedene Anwendungsbeispiele

Gute Beispiele ZEV, vZEV und LEG

Da vZEV erst ab 2025 und LEG erst ab 2026 möglich sind, existieren dazu neben Pilotvorhaben noch wenig konkrete Beispiele.

Liestal BL: ZEV für verschiedene Gemeindegebäude

Im Rahmen der Sanierung des Primarschulhauses Frenke 2016/17 konnte eine PVA mit Eigenverbrauchsregelung realisiert werden: Über einen ZEV mit der Mehrzweckhalle und der Sekundarschule des Kantons kann die Stromproduktion vollständig vor Ort genutzt werden (ca. 87‘000 kWh/Jahr, ~30 % des Stromverbrauchs).

Weitere Informationen

Lugaggia (Capriasca, TI): Solare Eigenverbrauchsgemeinschaft

LIC ist eine solare Eigenverbrauchsgemeinschaft mit 18 Wohnhäusern, 5 Photovoltaikanlagen mit total 70 kW Leistung, 10 Wärmepumpen, 6 elektrischen Boilern und einem E-Auto. Ziel ist es, möglichst wenig Strom aus dem Netz zu beziehen und den Eigenverbrauch im Quartier zu maximieren. Dazu tragen ein grosser Speicher von 50 kWh sowie Smart-Metering bei. Für das dezentrale Energiemanagement wird eine Blockchain-Technologie verwendet, welche die Transaktionen zertifiziert und automatisiert. Auch die Bewohnenden spielen eine zentrale Rolle, denn sie sehen in jedem Moment online, ob vom öffentlichen Netz Strom bezogen wird oder nicht.

Weitere Informationen / Artikel energieschweiz

Walenstadt SG: Projekt Quartierstrom

Im Projekt Quartierstrom hat das Projektteam in der Stadt Walenstadt mit Unterstützung des BFE und in enger Zusammenarbeit mit dem lokalen Energieversorger Walenstadt eines der ersten Projekte umgesetzt, das in der Schweiz einen Peer-to-Peer-Energiemarkt auf Basis der Blockchain Technologie realisiert. Prosumenten-Haushalte, die bereits eine Photovoltaik-Anlage besitzen, konnten ihre überschüssige Solarproduktion direkt an benachbarte Haushalte verkaufen, ohne Abwicklung über, und unabhängig von einer Drittpartei. Über eine Benutzerschnittstelle konnten sowohl Prosumenten als auch Konsumenten Preise anbieten, zu denen sie bereit waren, lokal produzierten Solarstrom zu (ver)kaufen. Die Transaktionen wurden automatisch berechnet, verwaltet und auf einem Blockchain System in Echtzeit gespeichert. Wenn die Energienachfrage oder das -angebot nicht innerhalb der Gemeinschaft bereitgestellt beziehungsweise abgenommen werden konnten, diente der lokale Energieversorger EW Walenstadt als Reservoir/Versicherung, um Über- beziehungsweise Unterkapazitäten zum fixen Einspeise- beziehungsweise Bezugspreis auszugleichen. Die rechtlichen Voraussetzungen für ähnliche Projekte werden mit dem Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien geschaffen, das voraussichtlich auf 2025 in Kraft tritt. 

Weitere Informationen in einer Publikation der BFE zu Vermarktungsmodellen (Seite 30)

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